Montag, 28. November 2016

Eure Spenden

Liebe Freunde und Verwandte,
Liebe Spender,

zu allererst wünsche ich ihnen einen ganz wunderbaren ersten Advent und hoffe, dass sie alle eine schöne Adventszeit haben werden.

Ich möchte mich mit Dank an euch wenden. Danke für das Interesse an meinem Freiwilligendienst und Danke für die Spenden, die sich durch euer Mitwirken angesammelt haben. Die genaue Summe geht nah an die 3000€ und darüber freue ich mich sehr.

Um euch nun zu informieren wohin die Spenden gehen, möchte ich euch nochmals mein Projekt in Kalkutta in Erinnerung rufen. Ich habe das Kulturzentrum Kalahrdaya Ende Oktober noch einmal besucht und mich dort mit den zwei Jesuiten über den Einsatz der Spenden unterhalten.
Da sich Kalahrdaya als ein Ort der Begegnung und des Lernens entwickeln soll, braucht es neben Tanz- und Englischunterricht auch einen Ort um das christliche Gemeindewesen auszuleben und um Gottesdienste für die Gemeinden auszurichten. Dazu dient die Kapelle, die sich zur Zeit noch im Bau befindet.
An dieser Kapelle muss noch einiges gemacht werden. Zum Beispiel fehlen noch Glaselemente und die Ziegel auf dem Dach. Und genau dafür wird das Geld verwendet.

Die Kapelle ist immer das Herzstück einer christlichen Einrichtung in Indien und Kalahrdaya, das in seiner Struktur einem Ashram gleicht, wird davon ungemein profitieren.

Nochmals vielen Dank für eure Unterstützung!
Ich wünsche euch allen eine frohe Adventszeit und frohe Weihnachten.

Euer Alexander Wind

Mittwoch, 27. Juli 2016

Zum Abschluss

Hallo liebe Leser meines Bloggs.

Der letzte Bericht ist geschrieben. So schnell kanns gehen.
Danke für das große Interesse, welches mir entgegengebracht wurde. Vor ein paar Tagen hat dieser Blog die 3000 Aufrufe erreicht, was mich sehr stolz macht.
Ich werde jetzt die letzten Fotos auf meinem Flickr Account, der in der Randspalte verlinkt ist hochladen. Das gesammelte Spendengeld wird nach einer Sitzung mit Father Saju, dem Jesuit Volunteers Team und mir nach eigenem Ermessen verwendet. Ich entscheide wo das Geld hingeht und wo 100% des Geldes hingehen und ich werde euch natürlich darüber informieren.

Mitte August werde ich meinen Studienort wissen und am 1. Oktober mit meinem Studium beginnen.
Life goes on. Trotzdem möchte ich nächsten Sommer mit meinem Bruder nach Kolkata zurückkehren und auch einen Abstecher in den Himalaya unternehmen ;)

Nochmals vielen Dank!
Ihr lest von mir,

Euer Alex

Abschied von Zuhause



Der letzte Eintrag auf meinem Blog ist zwei Monate her. Aber wieso habe ich so lange nichts mehr von mir hören lassen?
Am 23. Juni bin ich wieder nach Hause geflogen und befinde mich jetzt wieder in Deutschland. Die letzten Wochen waren trotz der anhaltend schwülen Hitze sehr schön, denn ich habe nochmal viel unternommen, mich von allen verabschiedet und das Leben genossen. Die High School St.Pauls hatte leider bis zum Schluss Ferien, aber von meinen Schülern in Kalahrdaya habe ich mich mit einer „Projektwoche“ verabschiedet. Da wir immer dienstags, donnerstags und sonntags Unterricht hatten, habe ich an diesen Tagen der letzten Unterrichtswoche Programm gehabt.
Am Dienstag konnte ich mit viel Aufwand einen Beamer organisieren und mit meinen Schülern den Film „Mr. Bean‘s Holiday“ gucken, der große Begeisterung ausgelöst hatte. Am Donnerstag wurde ich von Father Saju mit einer Tanzveranstaltung überrascht, die nur für mich ausgerichtet wurde. Die Mädchen hatten einen der vielen Tanzstücke für mich konzipiert und den ganzen Aben wurde dann für mich getanzt, bevor ich mit Blumen und Geschenken entlassen wurde. Den Abend habe ich dann mit meinen Schülern und ein paar Spielchen ausklingen lassen.
Das große Programm war für den Sonntag geplant. Als ich den beiden Fathers von meinem Vorhaben, alle 25 Schüler nach Kolkata und zum Cricket Stadion Eden Gardens zu führen, sagten sie mir, ich müsste mir schon 100%ig sicher sein diese Verantwortung zu übernehmen. Ich sah allerdings kein Problem darin und so stiegen wir, 27 Personen, am Sonntag in die sowieso schon überfüllte Metro und sind nach Kolkata gefahren. Dort angekommen haben wir uns erst einmal das Wahrzeichen Kalkuttas, das Viktoria Memorial angeschaut und uns dort in den Garten gelegt. Nach einer recht chaotischen Restaurant Suche und einem guten Essen zu dem ich alle eingeladen hatte, haben wir uns nach Eden Gardens auf den Weg gemacht. Dort fand gerade ein Testspiel statt, bei dem man kostenlos zuschauen konnte. Deshalb konnten wir in das Stadion und Live Cricket genießen.
Nach all der Verabschiedung von meinen Schülern habe ich die letzten Tage genutzt um mich von meinen Freunden und von den Jesuiten zu verabschieden. Ich hatte die Möglichkeit zu einer Veranstaltung im Noviziat Dhayan Ashram zu gehen, in der die Novizen, mit denen ich oft und viel Basketball gespielt habe, mit denen ich geschwommen und Fische gefangen habe, in die Gemeinschaft der Jesuiten aufgenommen wurden. Sie wurden genau wie ich nach Hause, in den Tagen danach in andere Gemeinden entsandt. Es war eine sehr schöne Feier, in der ich mich von allen im Dhayan Ashram verabschieden konnte.
Als ich zum letzten Mal nach Raghabpur gefahren bin und die Schule, immer noch während den Ferien, besucht habe, ist mir erst der Zeitraum klar geworden, den ich in Indien gelebt habe. Man fühlt sich immer so, als wären es nur ein paar Monate gewesen, doch man hat jedes Fest, jede Jahreszeit, jeden Monat im Jahr er-/gelebt. Der Abschied von der Schule ist mir sehr schwer gefallen. Ich wurde unheimlich schnell integriert und aufgenommen vom Lehrpersonal und hatte viele Freiheiten, was die Unterrichtsgestaltung und was mein Wirken betrifft. Ich habe noch mit Father Amulya, der ein sehr guter Freund und Mentor war, ein paar meiner besten Schüler und deren Familien besucht, bevor ich den Abend in der Kommunität verbracht habe. Für alle anwesenden Jesuiten habe ich dann selbstgemachte Bandnudeln mit einer Tomaten-Auberginen Soße und Rindfleisch gekocht, die sehr gut ankam.
Der Abschied von Father Saju war nicht so schwer wie der von Father Thottam. Saju war oft auf Reisen, doch mit Father Thottam habe ich jeden Tag viel Zeit verbracht. Er passte immer auf, dass mir nichts fehlte und jetzt fehle ich ihm denke ich. Father Saju ist, wie auch in der Woche meines Abschieds, oft unterwegs, weshalb ich ihn wahrscheinlich in Europa öfter wiedersehen werde.
Das Packen war recht problematisch. Ich meine, wie kann man erwarten das Hab und Gut aus einem Jahr auf 30 Kilo zu reduzieren. Nach sechsmaligem Aus- und Einpacken hatte ich auf einmal nur noch wenig Zeit und musste improvisieren. Ich stand deshalb bei 42 Grad mit T-Shirts in jeder Hosentasche meiner kurzen Cargo-Hose und mit einer Weste, einem Pullover und einer Regenjacke an vor Father Thottam. Nach einer schönen Verabschiedung, bei der wir beide uns die eine oder andere Träne wegwischen mussten, begann der lange Weg nach Hause. Trotzdem habe ich eigentlich nie gesagt: „Ich gehe jetzt nach Hause“. Viel öfter meinte ich: „Ich verlasse dieses Zuhause“, den so hat es sich angefühlt.
Am Flughafen mit dem Fahrer angekommen, bin ich mit dem Online Check in zur Gepäckabgabe wo ich mit großem Entsetzen feststellen musste, dass ich meine Aufenthaltsbescheiniung, die man für ein Arbeitervisum braucht, nicht mitgenommen hatte. Mit all meinem Bengali und meinem unwiderstehlichen Charme, den ich gegen die hübsche indische Sicherheitsfrau anwandte, wurde ich schließlich in das Büro des Chefs der Ausreise-Abteilung geleitet und von zwei nicht hübschen Indern im Kreuzverhör interviewt. Der Trick dabei ist wenn das Ziel nach langem Erzählen (auf Englisch) in greifbare Nähe rückt, mit den ersten Wörtern Bengali loszulegen. Dann leuchten die Augen und die Spannung geht raus. Nach einem Tee und ein paar Keksen durfte ich mit allen T-Shirts, die meine Hosentaschen ziemlich ausbeulten aber unbemerkt blieben, und immer noch in vier Lagen Kleidung gehüllt, den Security Check passieren und all die überflüssigen Klamotten in den Rucksack stecken.
Der Flug an sich war sehr angenehm doch irgendwie surreal. Als ich in Berlin meine Eltern und meinen besten Kumpel in der wartenden Menge ausmachte, wurde meine Wahrnehmung wacher und ich war doch froh wieder zurück zu sein. Der Kulturschock, wie diese schlagartige Veränderung der Umstände doch genannt wird, war recht heftig. Die schrägstehende Sonne irritierte mich genauso wie der Verkehr, die Lautstärke der Stadt, die Kommentare zu zu viel Körperkontakt meinerseits, der in Indien eigentlich gewünscht wird. Das Essen war natürlich erstmal „langweilig“, mein Deutsch war natürlich erstmal stockend und natürlich wunderte ich mich unbewusst über fast alles was anders war. Ich habe in der Küche schon ein paarmal nach einem Schalter für einen Ventilator gesucht, den man wohl in Kolkata gebraucht hätte. Auch gerade dieser Satz: „In Indien war es aber so und so“ muss meine Eltern und Freunde wohl sehr gestört haben. Ein paar Tage nach meiner Ankunft bin ich mit einer guten Freundin von mir abends ausgegangen und mir wurde am Ende des Abends klar, dass das die längste Konversation gewesen sein musste, die ich in den letzten Monaten mit einem Mädchen meines Alters geführt hatte. Und auch das fühlte sich befremdlich an.
Natürlich versuche ich auch vieles beizubehalten. Ich koche täglich und nicht selten indisch. Wobei meine indischen Currys wegen der Schärfe von meiner Familie mit äußerster Vorsicht genossen wurde.
Es gibt vieles was mich wundert und stört, und oft habe ich Fernweh, doch ich freue mich auch wieder hier zu sein. Ich habe vor ein Buch über das ganze Jahr zu schreiben. Wer weiß, ob ich das durchziehen werde.  
Zum Schluss kann ich nur jedem empfehlen mal aus Europa rauszukommen. Es muss nicht Indien sein, aber wichtig ist, dass man sich möglichst lange in einer wohnlichen Umgebung aufhält. Man lernt so viel und man kann am Ende so viel erzählen, dass man Bücher damit füllen könnte. Für mich war das weltwärts Programm und die Leitung durch Jesuit Volunteers perfekt, aber es gibt so viele andere Möglichkeiten in einem Entwicklungsland leben zu lernen, die sich lohnen. Es mag ja zuerst gruselig klingen, doch sobald man dort ist und ganz besonders, wenn man wieder zurück ist, ist man tief beeindruckt von der Welt und den Kulturen. Weltoffen…

Freitag, 3. Juni 2016

Wie erlebe ich eigentlich meine Mitmenschen?

Der April endete mit brutaler Hitze. Die indische Regierung hatte allen Schulen, nicht nur in West Bengalen, Hitzefrei auf unbestimmten Zeitraum erteilt. Temperaturen bis zu 45 Grad Celsius und eine ekelhafte Luftfeuchtigkeit machten uns das Leben schwer, weil wir nicht selten keinen Strom und dadurch auch keinen Fan hatten. Zu dieser Zeit bereitete mein tanzender Father Saju eine ausgewählte Gruppe von Mädchen aus der Umgebung, die seit vielen Jahren bei ihm tanzen, auf eine einmonatige Tanztournee durch das deutschsprachige Mitteleuropa vor. Und wenn Father Saju Vorbereitung sagt, dann sind das jeden mind. fünf Stunden tanzen und proben. Die Gruppe, die in vielen katholischen Institutionen aufgetreten ist, hat ein Dance-Drama vorbereitet, welches ein paar Wochen vor der Abreise in Patna, Bihar von ihnen uraufgeführt wurde. Für einige der Mädchen war es die erste Aufführung ohne ihre Eltern im Publikum und ein kleiner Vorgeschmack auf die Zeit in Europa. In der schulfreien Zeit hatte ich viel Freizeit. Jene habe ich genutzt um in der Schule ein wenig Gitarrenunterricht zu geben und in der Schulband mitzuwirken. Nach ein paar Tage hat mir Father Amulya, der sehr musikinteressiert ist und die Schulband auf die Beine gestellt hat, die Aufsicht und Leitung der 15-köpfigen Band für ein paar Wochen überlassen.
Unterbrochen wurde diese recht entspannte Routine vom Election Day. Wenn an jedem Tuktuk politische Fahnen und Banner hängen und die Straßen voll von Lautsprechern sind, die verschiedenste politische Botschaften über die Teiche und durch die Siedlungen posaunen, dann weiß man, dass bald eine Wahl ansteht. Die Wahlbeteiligung der Bevölkerung ist enorm. Jeder der kann geht zur Wahlurne, die die nicht gehen, würden es aber gerne. Meist wird jede Wahlurne von sogenannten Goondas, den Kleinkriminellen, beherrscht. Diese Menschen werden von einem der Parteifunktionäre durch Geld oder Geschenke angeheuert, oder ordnen sich aus politischen Interessensgründen einer Partei unter. Vor der Wahl sind sie die Propaganda-Maschine, während der Wahl halten sie, manchmal mit Gewalt, ausgewiesene Parteigegner von der Wahlurne ab. Das heißt, der jeweilige Name verschwindet auf einmal von der Wählerliste oder der Zutritt wird verweigert. In meinem Bezirk dominierte zum Glück eine Partei, weswegen es kaum Aufruhr gab. Doch wenn es zwei rivalisierende Parteien in einem Bezirk gibt, dann gibt es manchmal Verletzte, selten Tote. Nach der Wahl wird von der gewinnenden Partei ein großes Fest für die Goondas organisiert und die Verliererpartei muss sich gut verstecken, denn sonst, wie Father Thottam es sagte: „They will beat ‘em up!“
Nach der Wahlpanik ging aber wieder alles seinen Lauf. So bin ich in der folgenden Woche an drei Tagen um 3 Uhr morgens aufgestanden um mit Father Saju und einer Hand voll Arbeitern die drei Fischteiche abzufischen. Der erbeutete Fisch wurde dann noch am gleichen Morgen verkauft, brachte aber leider weniger ein, als wir für das Bevölkern der Teiche ausgegeben hatten. Zudem wurden zunehmend mehr Bananen geklaut, was die Laune von Father Saju trübte. Normalerweise hätten wir bei über 80 Bananen Palmen mind. 8 Stauden pro Woche, von denen wir 7-8 am Markt verkaufen würden, und jetzt bekommen wir gerade mal eine Staude in zwei Wochen. Das Prinzip dahinter ist einfach. Keiner möchte einsehen, dass es unser Eigentum ist. Meine Englischschüler pflücken unreife Guaven und Mangos um sich damit zu bewerfen. Wen ich ihnen erkläre, dass sie das nicht machen sollen wird nur „warum?“ gefragt. Noch mache ich mir die Mühe ihnen diese schamlose Frage zu beantworten, aber die Fathers haben da schon lange aufgegeben. Ich habe mich am Anfang nie getraut, das Wesen der Inder, mit denen ich lebe und arbeite, zu beschreiben. Nun, da ich schon zehn Monate hier bin, habe ich ein realistisches Bild vom Wesen der Bengalis in meinem sozialen Umfeld.
Natürlich sind ja nicht alle so wie ich das sage, aber man kann immer von einer gewissen kultur- und lebenslage-bedingten Grundeinstellung ausgehen. Grundsätzlich sind alle Menschen, die mir begegnet sind unglaublich freundlich und gastfreundlich gewesen. Nicht immer höflich, aber immer sehr offenherzig, und das ohne Ausnahme, aber... 
Viele Menschen, die mir in Indien begegnet sind waren recht egozentrisch veranlagt. Das „Ich“ und die Ehre ist sehr wichtig. Und ich würde sagen, gerade hier spielen da Gefühle eine ganz große Rolle. Ich musste mich zum Beispiel einmal mit einem bebenden „I can’t“ zufriedengeben, nachdem ich eine halbe Stunde lang einen erwachsenen Mann gebeten habe, das Gekrakelte auf der Bank wegzumachen, dass er zwar bestreitet, aber unmittelbar vor mir gemacht hat. Er wollte lieber mit den Fathers darüber sprechen, oder es mit mir „wie Männer“ regeln, aber auf keinen Fall sich vielleicht nichts von einem Jüngeren sagen lassen.
Gleichzeitig ist auch die Gemeinschaft ein wichtiges Umfeld. Es gibt in jedem Ort „Clubs“, einen Ort oder Raum, der mit großen Boxen die Nachbarschaft beschallt, wo sich Goondas treffen, oder Cricketmatches geguckt werden. Die Gemeinschaft und vielmehr noch die Gruppe von Menschen ist allgegenwärtig.
Gibt es einen Autounfall wird der Schuldige von einem Mob aus dem Wrack gezogen, geschlagen und auf den Händen der Wütenden, die nicht zwingend Zeugen waren oder gar den Unfall sahen, zur Polizeiwache getragen.
Fragt man einmal nach der Richtung, wird sich sofort ein fachkundiges Komitee bilden, das dir entweder sehr ausführlich den Weg zeigt, oder dich bis zum Ziel begleitet.
Doch allerbesten kann man es mit dem Familienbegriff erklären. Die Familie ist das Ein und Alles besonders der ärmeren Bevölkerung. Wird ein Sohn geboren und ist er irgendwann in einem heiratsfähigen Alter, so wird im gleichen Hof ein Haus gebaut, in dem der Sohn dann mit seiner Familie wohnen soll. Dieser Sohn ist dann die Altersversicherung für die ältere Generation. Zum Beispiel wohnt der Sohn einer unserer Arbeiter neben dem Haus seines Vaters. Er arbeitet in Kolkata und konnte deshalb die OP seines Vaters, der in Kalahrdaya angestellt ist, bezahlen. Dieser Aspekt erklärt auch wunderbar, warum es arrangierte Ehen gibt.
Wird ein Mädchen geboren, so wird es verheiratet und in einen Fremden Haushalt entsendet. Sie wird dann im Idealfall Altersversicherte der Schwiegereltern. Ihr Kind wird nun von den Eltern des Ehemannes erzogen, während sie in der Erziehung ihres eigenen Kindes nur wenig zu sagen hat.
Aber nun zurück zu mir. Ein paar Tage nach Father Saju‘s Geburtstag war der Tag der Abreise der Tanzgruppe gekommen. Nach einem Gottesdienst plus bengalischen Rosenkranz wurde die gesamte Truppe in Jeeps verfrachtet und zu Airport gefahren. Ab dem Zeitpunkt war ich mit Father Thottam alleine. In der Schule passierte nichts mehr zu dem Zeitpunkt, was für mich ein Beschäftigungsdefizit bedeutete. Die Hitze hatte mittlerweile einen Pond fast trocken gelegt. Auch in meinem „Swimmingpool“ wurde das Wasser immer weniger, sodass das Verhältnis Wasser zu Fische/Schlangen/Blutegel immer geringer wurde. Seit dem ich Ende Mai meinen ersten Egel hatte schwimme ich also auch nicht mehr.
Die Hitze wurde ab und zu schwüler und dann von einem Zyklon abgelöst, der angenehme Winde und Regen brachte, bevor die Hitze zurückkam. Die Abstände zwischen den Zyklonen werden immer kürzer, bis der Regen von Mitte Juni bis Oktober nicht mehr aufhören wird.
Zur jetzigen Zeit sind Mangos, Litschis und andere Früchte reif, die mir das Leben versüßt haben. In der freien Zeit bin ich dann ein paar Mal mit Father Thottam zu Besuchen oder zu Lunch- bzw. Dinnereinladungen mitgegangen oder habe mit ihm im Garten gearbeitet. In der letzten Woche habe ich dann auch noch Besuch von zwei deutschen Freiwilligen bekommen und konnte mit ihnen ein paar schöne Tage verbringen. Nun bin ich gerade dabei die große Kunst des indischen Kochens von unserer Maschi (Haushälterin) zu lernen, was ihr und mir großen Spaß macht.

Und so genieße ich die letzten Wochen, bevor ich am 23. Juni zurückfliege und weiß jetzt schon, dass ich mit gemischten Gefühlen in das Flugzeug steigen werde.

Freitag, 22. April 2016

Alex im Reisefieber

Nun ist es ja schon ein bisschen her, seitdem ich von meinen Erlebnissen in Indien erzählt habe. Und in der Zeit ist so einiges passiert, weshalb dieser Blogeintrag von den ganzen letzen zwei Monaten berichten soll.
Nach meinem Geburtstag nahm die Routine wieder ihren Lauf. Mit der Zeit kamen mehr und mehr Schüler zu meiner Spoken English Class in Kalahrdaya. Das lag zum größten Teil daran, dass die Klassen 10-12 nach ihren Prüfungen viel Zeit hatten und deshalb zu Tuition Classes (Nachmittagsschule) oder eben zu meiner Englischklasse kommen. So habe ich mittlerweile 25 Schüler, die alle in Klasse 10-12 sind. Und das ist schön und macht Spaβ.
Josef hatte sich inzwischen sehr gut eingelebt und arbeitete viermal die Woche in dem Hospiz der Mutter Theresa Schwestern in Kolkata. Ab und zu hat man etwas zusammen unternommen, einen Vortrag im St. Xaviers College Kolkatas besucht, eine kleine Touritour durchgezogen, zum Basketballspiel im Dhayan Ashram gefahren und täglich in unseren Ponds geschwommen.
So sollte die erste Hälfte des März ruhig verlaufen, wenn ich nicht in der zweiten Hälfte viel vorgehabt hätte. Nach aufwendiger Planung stieg ich in einen Zug zur Hauptstadt. In Delhi wurde ich nach den 30 Stunden Zugfahrt von Brother Emmanuel (siehe Weihnachtseintrag) in Empfang genommen und in den Norden der Stadt gebracht. Dort schlief ich zwei Nächte in einem Jesuitenhaus, bis ich meine Eltern und meinen Bruder nachts vom Flughafen abholte. Ich hatte für mich und meine Familie eine zweiwöchige Nordindientour geplant, die in Delhi begann. Die Hauptstadt Indiens ist unterteilt in New und Old Delhi und ich denke, dass letzteres einen ordentlichen Kulturshock für meine Eltern bereit hielt. Doch nach ein paar kulinarischen Streicheleinheiten und ein bisschen Sightseeing-Tour à la Alex sind doch alle drei gut in Indien angekommen. Unsere Reise führte uns nach Jaipur und das gerade zu der Zeit des auch in Europa bekannten Holi Festivals. In Jaipur, der Hochburg des Farbenfestes, war jeder mit verschiedenfarbigen Pudern und Pulvern bedeckt und fast jeder betrunken. Die Feierlichkeiten haben dann natürlich auch bei mir und meinem Bruder bunte Spuren hinterlassen. Nach den Palästen Jaipurs stand Agra auf dem Programm. Die Stadt des Taj Mahals war natürlich auf Touristen ausgelegt und deshalb nicht so sympathisch wie die Bazaar-Stadt Jaipur. Durch Kontakte konnten wir uns eine sehr gute Führung durch das Taj und das Agra Fort zu einem guten Preis sichern und haben trotz Magenproblemen die Juwele der Mogularchitektur bewundern können.
Mit dem Zug ging es dann in die heilige Stadt Benares. Varanasi ist eine unglaublich interessante, bunte und schöne Stadt. Sofern man die Tricks kennt, mit denen die Einheimischen Geld mit den unwissenden Touristen verdienen, kann man die Stadt und deren Flair auch ganz entspannt genießen. Mit einem weiteren Zug gelangten wir dann wieder in meine Stadt, Kolkata. Wir kamen zur rechten Zeit, da ein groβes Jubiläum meiner St. Pauls Highschool und der ganzen Gemeinde groß gefeiert wurde. So konnten meine Eltern die Programme genießen, die von Schülern, Sängern und Tänzern vorbereitet wurden. Zusammen mit meiner Familie habe ich dann noch meine indischen Freunde in den umliegenden Dörfern besucht. Und ich glaube, dass diese Besuche sowohl für meine Eltern, als auch für die indischen Familien von ganz großer Bedeutung waren.
Doch mit der Abreise meiner Eltern war mein Reisemonat noch nicht beendet. In der Woche nach der Abreise meiner Familie kamen fünf Volunteers aus dem Süden Indiens zu Besuch. In drei Tagen habe ich sie bei bis zu 42 Grad und zu schwüler Luft in „meiner“ Stadt herumgeführt, ihnen alle interessanten Ecken gezeigt und sie mit außerhalb in mein Projekt genommen. Blöd nur, dass ich an dem Tag, wo sie mich in Bakeswar besuchen kamen, mit Brechdurchfall und Fieber im Bett lag. Die zusätzlichen drei Tage Touristguide spielen waren wohl etwas zu viel. Gott sei Dank war Josef da um die Fünf im Dorf herumzuführen, ihnen die Schule zu zeigen und mit ihnen zusammen meinen Englischunterricht zu vertreten. Am Tag danach sollte unser Zug nach Darjeeling abfahren und ich tat alles um am nächsten Tag wieder fit zu sein.
Letztendlich ging es mir soweit gut, dass ich in den Zug nach Darjeeling gestiegen bin. Dort haben wir uns noch mit Fabian und Antonia (siehe Durga Puja Eintrag) getroffen um zu neunt eine viertägige Wanderung durch den Himalaya anzutreten. Mit Guide starteten wir auf 2134m und legten gleich richtig los. Durch Rhododendronwälder gelangten wir an die Grenze zu Nepal, die wir überschritten, um dann zum Singalila National Park, einem natürlichen Habitat der Red Pandas zu kommen. Unsere Nacht verbrachten wir auf 2970m in einer Hütte im kleinen nepalischen Dorf Tumling. Der nächste Tag führte uns über Bergkämme nach Sandakphu auf 3636m. Die Luftveränderung war spürbar, das Wetter kalt und nass. Vorerst beschrängte sich die so berühmte Sicht des „Tiger hill“ auf gerade mal 3 Meter. Doch nach einem nächtlichen Gewitter (auf über 3000m…) war es am nächsten Morgen klarer, sodass wir Kamm und Gipfel des dritthöchsten Berges der Welt, des Kanchendzonga (8598m) bewundern konnten. Und man wird demütig und gierig zugleich wenn man so einen Berg vor sich sieht…
Nach einem zweitägigen Abstieg vorbei an Unmengen von blühenden Rhododendrons, groß wie Bäume, und Bambuswälder auf über 2500m (Wir haben keine Baumgrenze ausmachen können. der Guide meinte es gäbe eine Vegetationsgrenze ab 4000m), trennten wir uns in der Talstadt Siliguri und Josef und ich fuhren wieder in das heiße Kolkata.

Wieder angekommen erfuhren wir von den zwei Wochen Hitzefrei, die von der Regierung verhängt wurden, von großer Dürre und Wasserknappheit in Maharashtra und Karnataka, großen Protesten der Bauern in Bangalore mit brennenden Bussen und verletzten Polizisten, von Indern, die sich in einem Ritual Haken in den Rücken stechen und sich an denen meterhoch aufhängen lassen um den Hindugott Shiva um Regen zu bitten. Auch in Bakeswar, Ragapbur und Umgebung ist der Boden von der Sonne aufgerissen worden und der eine oder andere Teich ausgetrocknet. Man merkt, der gnadenlose indische Sommer ist angekommen und wird das Land bis Juni nicht aus seinem trockenen Griff lassen. 

Dienstag, 8. März 2016

Mumbai, der Geburtstag und der Frühling

Anfang Februar starteten wieder meine Unterrichtsstunden in der Schule. Ich unterrichte jetzt die guten Schüler der Klassen 8 und 9 in meiner Audiovisuell Class mit Beamer, was enorme Vorteile bringt. Die Klassen, die in der St. Pauls Highschool stattfinden, laufen gut und die Schüler sind motiviert.
Die Klasse in Kalahrdaya dagegen hat stark abgebaut. Die Schülerzahl ist auf ernüchternde drei Schüler gesunken und der Unterricht kam in der zweiten Februarwoche ganz zum erliegen. Ob daran jetzt die Kälte, die Schulexamen oder ich schuld war kann ich und konnte mir keiner sagen. Mit einem unguten Gefühl und einer Problemstellung bin ich am 06. 02. in den Zug zum Zwischenseminar in Mumbai gestiegen. Das Zwischenseminar ist dazu da sich auszutauschen und Probleme in Gruppen zu besprechen und gegebenfalls zu lösen.
Die 41 Stunden lange Zugfahrt war ein großer Spaß. Ich habe zwei Nächte auf engstem Raum mit wildfremden Indern verbracht, mit denen ich über muslimische, hinduistische und christliche Weltanschauung und methaphysische Fragen diskutiert habe. (Natürlich nicht auf Bengali.) Und von denen ich mir eine stattliche Filmsammlung auf den Stick kopieren konnte. Zusammen haben wir viel gelacht, während sie mir Cricket erklät haben oder ich über einer ihrer Girlfriends urteilen sollte.
In Mumbai haben wir JVs (Jesuit Volunteers) andere Freiwillige kennengelernt und viel Spaß in der 21 köpfigen Gruppe gehabt. Neben Vorträgen und dem grandiosen Programm unserer Teamer standen auch Ausflüge in die Stadt auf dem achttägigen Programm. Nach einer 30 stündigen Zugfahrt war ich schon wieder in Kolkata und plötzlich mitten im Frühling. Die Temperaturen stiegen in der Zweiten Hälfte des Februar bis auf 32 Grad. Die Mangobäume und viele andere standen in voller grüner, roter und rosa Blüte und man konnte wieder schwimmen gehen.
Bei meiner Ankunft wurde mir Josef vorgestellt, der, wie ich ich wusste, für drei Monate mit uns wohnen wird. Er ist ein Medizinstudent, wird dementsprechend immer als der Doctor (bengl: Dactar) vorgestellt und so sind wir dann immer als Brother und Dactar unterwegs gewesen. Er arbeitet zeitweise im Hospiz der Mutter Theresa Schwestern in Kolkata und ist wie ein Mitfreiwilliger für mich. Es macht echt Laune noch einen zweiten Mann beim Fußball mit dabei zu haben oder mal abends gepflegt eine Runde Karten zu spielen oder einen Film zu gucken. Er unterrichtet auch die Tanzkinder, die später mit Father Saju durch Europa touren, in Englisch und Deutsch und gerade in der German Lesson lasse ich es mir nicht nehmen mich dazuzusetzen.
Ein paar Tage nach meiner Ankunft kam eine gute Freundin von Father Saju, Gisela, aus Deutschland zu Besuch, mit der wir alle zusammen ein paar Ausflüge unternommen haben. Während dieser Zeit kamen auch die ersten Englischschüler nach Kalahrdaya und in drei Wochen hatte ich wieder 10 Schüler, die trotz einer Woche Regen zu jeder Stunde erschienen.
Am 27. Februar war mein Geburtstag und die Überraschung, die mir meine St. Pauls Schüler bereitet haben war mein persönliches Highlight diesen Monat. Zunächst wurde die allmorgentliche Messe in eine Geburtstagsmesse umgewandelt und mir viel gratuliert. Da ich wusste, dass wir (Father Thottam, Father Saju und ich) uns nichts schenken, war ich von der großen Tafel Zartbitterschokolade, die mir Saju in die Hand drückte begeistert. Als ich dann zur Schule gefahren bin habe ich erstmal jedem Kind, das ich gesehen habe Schokobonbons in die Hand gedrückt. In der Schule wurde ich von den Schülern der Klasse 8 und 9, die ich unterrichte in Empfang genommen und mit zugehaltenen Augen auf einen Stuhl gesetzt. Als ich die Augen aufmachen durfte hatten die Schüler, die auch in der Schulband waren, Trompeten, Flöten und Klarinetten in den Händen und dann spielten sie mir ein großes „Happy Birthday“. Vor mir stand ein kleines Erdbeer-Sahne –Törtchen mit passender Aufschrift und eine riesige mixed Chocolate Packung. Nach der großen Fotosession habe ich den Kuchen an die Kinder verfüttert und dabei den einen oder anderen Sahnefleck im Gesicht bekommen. Mein Fehler war, dass ich danach das Büro von Father Amulya, in dem das ganze stattfand, verlassen habe. Dort standen nämlich alle 1200 Schüler zum Assembly und einer rief „Happy Birthday Alex“. Daraufhin war die so mühsam aufgestellten Reihen von Schülern zunichte gemacht, weil jeder Schüler meine Hand schütteln wollte, während die Lehrer versuchten Ordnung in das Chaos zu bringen...


Donnerstag, 4. Februar 2016

Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt

Anfang Januar sank die Schülerzahl der Englischschüler in Kalahrdaya auf ernüchternde 3. Wieso das?
Dazu gibt es viele Gründe. Zum Beispiel Prüfungen, Geldnot, keine Zeit, man kann den Deutschen nicht verstehen. Nach ein paar Hilfreichen Konversationen mit Father Saju habe ich dann langsam die Unabwendbarkeit der Entwicklung verstanden und meine positive Grundeinstellung wieder zurückbekommen. Und auch da wir von drei Wochenstunden auf zwei runtergegangen sind, hatte ich mehr Freizeit. Ich habe mich also mehr in körperlicher Arbeit engagiert. Dazu gehört es sich um Feuerholz zu kümmern und den Garten und die Grünflächen sauber zu halten.
Da die Temperaturen Anfang Januar um die zehn Grad lagen und zum Ende hin zumindest für mich angenehm warm wurden, haben wir Anfang des Jahres viele Baustellen gehabt, an denen ich mich mehr oder weniger beteiligen konnte. Nach Neujahr wurde das erste von drei Dächern der zukünftigen Marienkapelle einbetoniert, Ende des Jahres wurde das zweite Dach auf das erste gesetzt um es im Februar ebenfalls einzubetonieren. Am Ende werden alle Dächer mit kleinen Ziegeln bestückt wodurch sich die Kapelle wunderbar in den Stil von Kalahrdaya einfügen wird. Das Einbetonieren wurde von ca. 50 zusätzlichen Arbeitern ohne maschinelle Hilfe innerhalb von einem Tag beendet.
In dem Monat in der Fr. Thottam in Kerala seinen Urlaub verbracht hatte (15.12. – 19.01.) kamen insgesamt 253 Lastwagen mit Erde, Geröll, Ziegeln oder Kieseln an um den Baustoff für die Straße zu liefern. In dieser Frequenz kommen und gehen Lastwagen, seit ich im Juli angekommen bin, jeden Tag. 100 Lastwagen kosten Father Saju und Father Thottam über einen Lakh (100 000) Rupees, während die Jesuiten 6 000 Rupees pro Kopf, pro Monat bekommen. Die angehäufte Erde, bzw. Ziegel und Geröll werden von den drei Arbeitern gleichmäßig verteilt, wobei ich sie unterstützt habe. Zudem habe ich die Ziegel vom Rubbish (“Geröll”) separiert, da diese mit Vorschlaghämmern kleingeschlagen und obenauf verteilt werden, bevor wir das Ganze betonieren.
So half ich also mit wo ich konnte, gönnte mir Montags allerdings den Nachmittag, den ich mit Jesuit Juniors und Novizen im Dhayan Ashram mit Basketball und Schwimmen verbringe. In St. Pauls High gab es mit dem Jahreswechsel auch den Wechsel der Klassen. Im Januar habe ich deswegen Arbeitsblätter und Lektüre für Klasse 9 und 10 vorbereitet, die ich ab Anfang Februar beide in meiner allmorgendlichen Tuition class unterrichten werde.
Neben meiner Arbeit gab es auch einige besondere Programmpunkte, wie zum Beispiel der Besuch des Schweizer Jesuitenprovintial und des –procurators, deren Indienreise sie für eine Nacht nach Kalahrdaya geführt hatte. Dann habe ich mich zu einer Gruppe Kinder der Gemeinde Raghapur hinzugesellt und bin auf einem Lastwagen mit fetten Boxen und 30 jolenden Kindern aufs Land zu einer Missionsstation in Canning gefahren. Canning hat durchaus eine Ähnlichkeit mit Canyon. Die Landschaft dort ist eine unebene Tonoberfläche, die von Flüssen und Mangrovenbäumen durchzogen wird. Ganz im Gegensatz dazu haben wir in Kalahrdaya neben den Teichen ein großes “Feld”, eine Fläche aus Wasserpflanzen, in denen Fische und kleineres Getier lebt. Wir, die drei Arbeiter und ich, haben diese Fläche freigeschnitten, Kanälchen angelegt und begonnen mit den Händen im wadenhohen Wasser Fische zu fangen. Es gibt karpfenartige Fische mit Dornen an den Seiten und auf dem Rücken, ganz schmale Fische, die ein wenig an richtigherum gedrehte Flundern erinnern und Wels- und Aalartige Fische, die allerdings nur maximal Armlang werden, doch deren Körper ab dem Kopf bei Berührungen Hautirritationen verursacht. Während wir also mit Sichelmessern das Wassergras schnitten und zurückrollten, habe ich insgesamt sieben Fische und eine Wasserschlange gefangen. Probir, einer der Arbeiter (die anderen sind Michael und Robin) hat eine handflächen-große Langhals-Wasserschildkröte aus dem Schlamm gebuddelt und mit nach Hause genommen (Fotos -> siehe Link an der Seite).
An einem anderen Tag habe ich beim Gärtnern wilde Minze gefunden. Als ich den dreien erzählt habe, das wir in Deutschland daraus Tee machen, habe ich nur, mir unverständliche Lachanfälle als Antwort bekommen. Doch da Mashi unsere Haushälterin die Pflanze nicht kannte habe ich es lieber beim Riechen belassen.
Inzwischen hatten in der Schule die Vorbereitungen auf den Sportsday begonnen. Zur Eröffnung der Qualifikationsphase, ist der lokale Politiker gekommen und hat nach einer kleinen Ansprache im Namen seiner Partei 300 Fahrräder an die Mädchen der 10. und 11. Klasse gestiftet. Die Quali, die auch Heats genannt wurde fand an drei Tagen statt und bestand aus Läufen und Weitsprung. Am darauf folgenden Sonntag fand ein Gemeinde Fußball Turnier statt, bei dem ich auch mal den Kommentatorenplatz einnehmen durfte. Ich wurde zudem gebeten für ein bisschen Weltmeisterstimmung zu Sorgen und dieser Bitte kam ich dann mit einem zweitweise deutschen Kommentar und mit “Zeit das sich was dreht” nach. Der Hauptteil der ganzen Sportveranstaltungen waren dann natürlich die Finals. Neben den normalen Disziplinen gab es für die Anwesenden spezielle Spielchen. Die Damen der Schöpfung durften mit Wasserkrügen auf dem Kopf um die Wette laufen und mit verbundenen Augen und Stock eine Tonvase treffen. Für die Männer gab es dann Hahnenkampf, sprich Ringen mit zehn Personen gleichzeitig, bei dem es verboten war die Arme und eines der Beine zu benutzen. Ich habe aber am Publikums 100m Rennen teilgenommen und in langer Hose, Vollgummischuhen und Hemd neben bengalischen Jugendlichen im Sportsdress den dritten Platz gemacht.
Im nächsten Blog:

Anfang Februar werde ich für 12 Tage in Mumbai zum Zwischenseminar sein. Die Zugfahrt wird ca. 40 Stunden lang sein (kein Umsteigen)…