Freitag, 22. April 2016

Alex im Reisefieber

Nun ist es ja schon ein bisschen her, seitdem ich von meinen Erlebnissen in Indien erzählt habe. Und in der Zeit ist so einiges passiert, weshalb dieser Blogeintrag von den ganzen letzen zwei Monaten berichten soll.
Nach meinem Geburtstag nahm die Routine wieder ihren Lauf. Mit der Zeit kamen mehr und mehr Schüler zu meiner Spoken English Class in Kalahrdaya. Das lag zum größten Teil daran, dass die Klassen 10-12 nach ihren Prüfungen viel Zeit hatten und deshalb zu Tuition Classes (Nachmittagsschule) oder eben zu meiner Englischklasse kommen. So habe ich mittlerweile 25 Schüler, die alle in Klasse 10-12 sind. Und das ist schön und macht Spaβ.
Josef hatte sich inzwischen sehr gut eingelebt und arbeitete viermal die Woche in dem Hospiz der Mutter Theresa Schwestern in Kolkata. Ab und zu hat man etwas zusammen unternommen, einen Vortrag im St. Xaviers College Kolkatas besucht, eine kleine Touritour durchgezogen, zum Basketballspiel im Dhayan Ashram gefahren und täglich in unseren Ponds geschwommen.
So sollte die erste Hälfte des März ruhig verlaufen, wenn ich nicht in der zweiten Hälfte viel vorgehabt hätte. Nach aufwendiger Planung stieg ich in einen Zug zur Hauptstadt. In Delhi wurde ich nach den 30 Stunden Zugfahrt von Brother Emmanuel (siehe Weihnachtseintrag) in Empfang genommen und in den Norden der Stadt gebracht. Dort schlief ich zwei Nächte in einem Jesuitenhaus, bis ich meine Eltern und meinen Bruder nachts vom Flughafen abholte. Ich hatte für mich und meine Familie eine zweiwöchige Nordindientour geplant, die in Delhi begann. Die Hauptstadt Indiens ist unterteilt in New und Old Delhi und ich denke, dass letzteres einen ordentlichen Kulturshock für meine Eltern bereit hielt. Doch nach ein paar kulinarischen Streicheleinheiten und ein bisschen Sightseeing-Tour à la Alex sind doch alle drei gut in Indien angekommen. Unsere Reise führte uns nach Jaipur und das gerade zu der Zeit des auch in Europa bekannten Holi Festivals. In Jaipur, der Hochburg des Farbenfestes, war jeder mit verschiedenfarbigen Pudern und Pulvern bedeckt und fast jeder betrunken. Die Feierlichkeiten haben dann natürlich auch bei mir und meinem Bruder bunte Spuren hinterlassen. Nach den Palästen Jaipurs stand Agra auf dem Programm. Die Stadt des Taj Mahals war natürlich auf Touristen ausgelegt und deshalb nicht so sympathisch wie die Bazaar-Stadt Jaipur. Durch Kontakte konnten wir uns eine sehr gute Führung durch das Taj und das Agra Fort zu einem guten Preis sichern und haben trotz Magenproblemen die Juwele der Mogularchitektur bewundern können.
Mit dem Zug ging es dann in die heilige Stadt Benares. Varanasi ist eine unglaublich interessante, bunte und schöne Stadt. Sofern man die Tricks kennt, mit denen die Einheimischen Geld mit den unwissenden Touristen verdienen, kann man die Stadt und deren Flair auch ganz entspannt genießen. Mit einem weiteren Zug gelangten wir dann wieder in meine Stadt, Kolkata. Wir kamen zur rechten Zeit, da ein groβes Jubiläum meiner St. Pauls Highschool und der ganzen Gemeinde groß gefeiert wurde. So konnten meine Eltern die Programme genießen, die von Schülern, Sängern und Tänzern vorbereitet wurden. Zusammen mit meiner Familie habe ich dann noch meine indischen Freunde in den umliegenden Dörfern besucht. Und ich glaube, dass diese Besuche sowohl für meine Eltern, als auch für die indischen Familien von ganz großer Bedeutung waren.
Doch mit der Abreise meiner Eltern war mein Reisemonat noch nicht beendet. In der Woche nach der Abreise meiner Familie kamen fünf Volunteers aus dem Süden Indiens zu Besuch. In drei Tagen habe ich sie bei bis zu 42 Grad und zu schwüler Luft in „meiner“ Stadt herumgeführt, ihnen alle interessanten Ecken gezeigt und sie mit außerhalb in mein Projekt genommen. Blöd nur, dass ich an dem Tag, wo sie mich in Bakeswar besuchen kamen, mit Brechdurchfall und Fieber im Bett lag. Die zusätzlichen drei Tage Touristguide spielen waren wohl etwas zu viel. Gott sei Dank war Josef da um die Fünf im Dorf herumzuführen, ihnen die Schule zu zeigen und mit ihnen zusammen meinen Englischunterricht zu vertreten. Am Tag danach sollte unser Zug nach Darjeeling abfahren und ich tat alles um am nächsten Tag wieder fit zu sein.
Letztendlich ging es mir soweit gut, dass ich in den Zug nach Darjeeling gestiegen bin. Dort haben wir uns noch mit Fabian und Antonia (siehe Durga Puja Eintrag) getroffen um zu neunt eine viertägige Wanderung durch den Himalaya anzutreten. Mit Guide starteten wir auf 2134m und legten gleich richtig los. Durch Rhododendronwälder gelangten wir an die Grenze zu Nepal, die wir überschritten, um dann zum Singalila National Park, einem natürlichen Habitat der Red Pandas zu kommen. Unsere Nacht verbrachten wir auf 2970m in einer Hütte im kleinen nepalischen Dorf Tumling. Der nächste Tag führte uns über Bergkämme nach Sandakphu auf 3636m. Die Luftveränderung war spürbar, das Wetter kalt und nass. Vorerst beschrängte sich die so berühmte Sicht des „Tiger hill“ auf gerade mal 3 Meter. Doch nach einem nächtlichen Gewitter (auf über 3000m…) war es am nächsten Morgen klarer, sodass wir Kamm und Gipfel des dritthöchsten Berges der Welt, des Kanchendzonga (8598m) bewundern konnten. Und man wird demütig und gierig zugleich wenn man so einen Berg vor sich sieht…
Nach einem zweitägigen Abstieg vorbei an Unmengen von blühenden Rhododendrons, groß wie Bäume, und Bambuswälder auf über 2500m (Wir haben keine Baumgrenze ausmachen können. der Guide meinte es gäbe eine Vegetationsgrenze ab 4000m), trennten wir uns in der Talstadt Siliguri und Josef und ich fuhren wieder in das heiße Kolkata.

Wieder angekommen erfuhren wir von den zwei Wochen Hitzefrei, die von der Regierung verhängt wurden, von großer Dürre und Wasserknappheit in Maharashtra und Karnataka, großen Protesten der Bauern in Bangalore mit brennenden Bussen und verletzten Polizisten, von Indern, die sich in einem Ritual Haken in den Rücken stechen und sich an denen meterhoch aufhängen lassen um den Hindugott Shiva um Regen zu bitten. Auch in Bakeswar, Ragapbur und Umgebung ist der Boden von der Sonne aufgerissen worden und der eine oder andere Teich ausgetrocknet. Man merkt, der gnadenlose indische Sommer ist angekommen und wird das Land bis Juni nicht aus seinem trockenen Griff lassen. 

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