Nun ist es ja schon ein bisschen her, seitdem
ich von meinen Erlebnissen in Indien erzählt habe. Und in der Zeit ist so
einiges passiert, weshalb dieser Blogeintrag von den ganzen letzen zwei Monaten
berichten soll.
Nach meinem Geburtstag nahm die Routine wieder
ihren Lauf. Mit der Zeit kamen mehr und mehr Schüler zu meiner Spoken English
Class in Kalahrdaya. Das lag zum größten Teil daran, dass die Klassen 10-12
nach ihren Prüfungen viel Zeit hatten und deshalb zu Tuition Classes
(Nachmittagsschule) oder eben zu meiner Englischklasse kommen. So habe ich
mittlerweile 25 Schüler, die alle in Klasse 10-12 sind. Und das ist schön und macht Spaβ.
Josef hatte sich inzwischen sehr gut eingelebt
und arbeitete viermal die Woche in dem Hospiz der Mutter Theresa Schwestern in
Kolkata. Ab und zu hat man etwas zusammen unternommen, einen Vortrag im St.
Xaviers College Kolkatas besucht, eine kleine Touritour durchgezogen, zum
Basketballspiel im Dhayan Ashram gefahren und täglich in unseren Ponds geschwommen.
So sollte die erste Hälfte des März ruhig
verlaufen, wenn ich nicht in der zweiten Hälfte viel vorgehabt hätte. Nach
aufwendiger Planung stieg ich in einen Zug zur Hauptstadt. In Delhi wurde ich
nach den 30 Stunden Zugfahrt von Brother Emmanuel (siehe Weihnachtseintrag) in
Empfang genommen und in den Norden der Stadt gebracht. Dort schlief ich zwei
Nächte in einem Jesuitenhaus, bis ich meine Eltern und meinen Bruder nachts vom
Flughafen abholte. Ich hatte für mich und meine Familie eine zweiwöchige
Nordindientour geplant, die in Delhi begann. Die Hauptstadt Indiens ist
unterteilt in New und Old Delhi und ich denke, dass letzteres einen
ordentlichen Kulturshock für meine Eltern bereit hielt. Doch nach ein paar
kulinarischen Streicheleinheiten und ein bisschen Sightseeing-Tour à la Alex
sind doch alle drei gut in Indien angekommen. Unsere Reise führte uns nach
Jaipur und das gerade zu der Zeit des auch in Europa bekannten Holi Festivals.
In Jaipur, der Hochburg des Farbenfestes, war jeder mit verschiedenfarbigen
Pudern und Pulvern bedeckt und fast jeder betrunken. Die Feierlichkeiten haben
dann natürlich auch bei mir und meinem Bruder bunte
Spuren hinterlassen. Nach den Palästen Jaipurs stand Agra auf dem Programm. Die
Stadt des Taj Mahals war natürlich auf Touristen ausgelegt und deshalb nicht so
sympathisch wie die Bazaar-Stadt Jaipur. Durch Kontakte konnten wir uns eine
sehr gute Führung durch das Taj und das Agra Fort zu einem guten Preis sichern
und haben trotz Magenproblemen die Juwele der Mogularchitektur bewundern
können.
Mit dem Zug ging es dann in die heilige Stadt
Benares. Varanasi ist eine unglaublich interessante, bunte und schöne Stadt.
Sofern man die Tricks kennt, mit denen die Einheimischen Geld mit den unwissenden
Touristen verdienen, kann man die Stadt und deren Flair auch ganz entspannt
genießen. Mit einem weiteren Zug gelangten wir dann wieder in meine Stadt,
Kolkata. Wir kamen zur rechten Zeit, da ein groβes Jubiläum meiner St. Pauls Highschool und der ganzen Gemeinde groß
gefeiert wurde. So konnten meine Eltern die Programme genießen, die von
Schülern, Sängern und Tänzern vorbereitet wurden. Zusammen mit meiner Familie
habe ich dann noch meine indischen Freunde in den umliegenden Dörfern besucht.
Und ich glaube, dass diese Besuche sowohl für meine Eltern, als auch für die
indischen Familien von ganz großer Bedeutung waren.
Doch mit der Abreise meiner Eltern war mein
Reisemonat noch nicht beendet. In der Woche nach der Abreise meiner Familie
kamen fünf Volunteers aus dem Süden Indiens zu Besuch. In drei Tagen habe ich
sie bei bis zu 42 Grad und zu schwüler Luft in
„meiner“ Stadt herumgeführt, ihnen alle interessanten Ecken gezeigt und sie mit
außerhalb in mein Projekt genommen. Blöd nur, dass ich an dem Tag, wo sie mich
in Bakeswar besuchen kamen, mit Brechdurchfall und Fieber im Bett lag. Die zusätzlichen drei Tage Touristguide spielen waren wohl etwas zu viel. Gott
sei Dank war Josef da um die Fünf im Dorf herumzuführen, ihnen die Schule zu
zeigen und mit ihnen zusammen meinen Englischunterricht zu vertreten. Am Tag
danach sollte unser Zug nach Darjeeling abfahren und ich tat alles um am
nächsten Tag wieder fit zu sein.
Letztendlich ging es mir soweit gut, dass ich
in den Zug nach Darjeeling gestiegen bin. Dort haben wir uns noch mit Fabian
und Antonia (siehe Durga Puja Eintrag) getroffen um zu neunt eine viertägige
Wanderung durch den Himalaya anzutreten. Mit Guide starteten wir auf 2134m und
legten gleich richtig los. Durch Rhododendronwälder gelangten wir an die Grenze
zu Nepal, die wir überschritten, um dann zum Singalila National Park, einem
natürlichen Habitat der Red Pandas zu kommen. Unsere Nacht verbrachten wir auf
2970m in einer Hütte im kleinen nepalischen Dorf Tumling. Der nächste Tag
führte uns über Bergkämme nach Sandakphu auf 3636m. Die Luftveränderung war
spürbar, das Wetter kalt und nass. Vorerst beschrängte sich die so berühmte
Sicht des „Tiger hill“ auf gerade mal 3 Meter. Doch nach einem nächtlichen
Gewitter (auf über 3000m…) war es am nächsten Morgen klarer, sodass wir Kamm
und Gipfel des dritthöchsten Berges der Welt, des Kanchendzonga (8598m)
bewundern konnten. Und man wird demütig und gierig zugleich wenn man so einen
Berg vor sich sieht…
Nach einem zweitägigen Abstieg vorbei an
Unmengen von blühenden Rhododendrons, groß wie Bäume, und Bambuswälder auf über
2500m (Wir haben keine Baumgrenze ausmachen können. der Guide meinte es gäbe
eine Vegetationsgrenze ab 4000m), trennten wir uns in der Talstadt Siliguri und
Josef und ich fuhren wieder in das heiße Kolkata.
Wieder angekommen erfuhren wir von den zwei
Wochen Hitzefrei, die von der Regierung verhängt wurden, von großer Dürre und
Wasserknappheit in Maharashtra und Karnataka, großen Protesten der Bauern in
Bangalore mit brennenden Bussen und verletzten Polizisten, von Indern, die sich
in einem Ritual Haken in den Rücken stechen und sich an denen meterhoch
aufhängen lassen um den Hindugott Shiva um Regen zu bitten. Auch in Bakeswar,
Ragapbur und Umgebung ist der Boden von der Sonne aufgerissen worden und der
eine oder andere Teich ausgetrocknet. Man merkt, der gnadenlose indische Sommer
ist angekommen und wird das Land bis Juni nicht aus seinem trockenen Griff
lassen.
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