Samstag, 19. September 2015

Mein erster regelmäßiger Eintrag und die Schönheit Indiens




Ja, ich möchte die Routine im Alltag auch auf die doch so große Informationsflut anwenden und jeden Monat einen Blogeintrag ins Netz stellen.
Nachdem ich die vielen Eindrücke in den ersten Wochen nur oberflächlich war nehmen und in Worte fassen konnte, hat sich in der letzten Zeit Routine eingestellt. Jeden Montagmorgen haben wir wie jeden Tag, um 6:30 Uhr eine kleine Morgenmesse. Dann fahre ich mit dem Fahrrad zur Schule gebe meine specialclass in Spoken English, die dank der guten Schüler ganz hervorragend läuft. Darauf fahre ich wieder nach Hause um mich vor und nach dem Lunch auf meinen Nachmittag im Dayan Ashram vorzubereiten. Um Ein Uhr besteige ich dann in der Mittagshitze meinen Drahtesel und mache mich auf den langen Weg durch die Dörfer und Felder bis zum Highway, der mich zur Jesuitenschmiede von West Bengalen führt.
Nach 45 Minuten als Englischlehrer und 45 Minuten als Bengali Schüler, spielen wir bis zur totalen Erschöpfung Basketball, arbeiten eine Stunde im Garten und gehen nach einer kurzen Tee Pause im großen Fischteich schwimmen. So fällt mir der Heimweg auf dem viel zu kleinen Fahrrad meist schwer.Doch hindert mich dies nicht daran die unvergleichliche Vielfalt und Schönheit des ländlichen Indiens wahrzunehmen. Die Frauen, die, unabhängig vom Alter und jeglicher Armut, in farbenfrohen Saris und ruhiger, erhabener Würde ihrer Wege gehen und den Blick pflichtbewusst vom Weißen abwenden, wenn er das geschäftige Treiben beobachtet. Dann natürlich die Natur, die die Sumpflandschaft zum Subtropischen Urwald macht und für uns Europäer exotisch schön ist. Und nicht zuletzt das ständige Bedürfnis nach Verschönerung (so ist zum Beispiel jeder Lastwagen in vielen Farben mit Bildern und Symbolen verziert). Doch das was am meisten beeindruckt, ist das Gesamtbild. Eigentlich sieht alles so aus, als wäre es alles einmal sehr schön gewesen, aber das macht eben den Charme von Indien aus.
Der Rest der Woche unterrichte ich normalerweise von 9:30 Uhr bis um halb zwei und habe nachmittags entweder Englisch-, oder Bengali Unterricht.
Am 04. September haben wir in der Schule den Teachers Day gefeiert. An diesem Tag wurden wir in die Aula geführt um für uns moderne und traditionelle Tänze aufzuführen, Gedichte vorzulesen, zu singen und um uns Geschenke zu machen. So hat jeder Lehrer einen Regenschirm, einen Rotstift und ein großzügiges Essenspacket bekommen.
In dieser Woche habe ich allerdings nur meine geliebte specialclass unterrichten können, von der zum Teachers Day ich ein extra Geschenk bekommen habe.
Denn ich wurde von Fabian (zwoelfmonateindisch.blogspot.de) und Antonia (antonia-in-indien.jimdo.com) auf die Registrierung hingewiesen, die ich vor vier Wochen hätte machen sollen. Aus dem Grund der Verspätung musste ich nun den latefee von 30$, also 1800 Rupien bezahlen. Da FatherThottem mit einer Erkältung im Bett lag, bin ich also zum ersten Mal alleine in die Stadt gefahren…
Mein Auftrag war das Geld bei der RBI, der Reserval Bank ofIndia zu zahlen und eine Kopie des Formulars T7 zu erhalten. Ich bin also mit, wie ich finde souveränen Tuktuk und Metro Fahrten in das große Bankenviertel von Kolkata gefahren. Nachdem ich die richtige Bank gefunden habe und das Formular T7 ausgefüllt habe scheiterte mein Vorhaben vorerst, weil es ja sonst zu einfach gewesen wäre. Man nahm das Geld nicht an, weil angeblich eine Unterschrift vom „Writer’s Building“, einem ähnlich großen Haus gegenüber auf dem Formular fehlte.
Nach zahlreichen Besuchen zahlreicher Büros im Writer’s Building, wurde ich an die Finanzabteilung des Hauses verwiesen, welche sich in der Lyons Range 4 befand. Nach einer langen Fragerei nach der Lions street 4, (zu meiner Verteidigung, im Writer’s Building konnte keiner Englisch und mein Bengali ist noch nicht so gut. Denkt mal an das Beamten-Deutsch) habe ich die Finanzabteilung dann doch gefunden. Dort konnte keiner Englisch, weswegen ich zum Payment andAssesment Office II geschickt wurde, welches ich nach einem langen Marsch durch das Muslimische Viertel erreicht habe. Die Beamten dort versicherten mir, dass ich die besagte Unterschrift nur bei ganz wenigen Formularen und eben nicht meinem benötige und nach langem Betteln bekam ich wenigstens eine Telefonnummer als Beweis.
Ich also wieder zur RBI, diesmal mit dem Taxi, und wieder wurde das Formular abgelehnt. Dann habe ich die Telefonnummer auf den Tresen geknallt und sagte nur „rufen sie dort an“. Plötzlich war ich hinterm Tresen, mit einem Dutzend Beamten um mich herum, die alle mit vollem Mund diskutierten. Ich hatte währenddessen mit dem Becher Cha, den man mir angeboten hatte Platz genommen.
Letztendlich durfte ich dann doch (man beachte den Sarkasmus), Gott sei Dank, die 1800 Rupien zahlen und eine Kopie des Formulars behalten. Nach drei weiteren Versuchen die Registrierung bei der zuständigen Polizeiwache abzugeben, habe ich es endlich geschafft.
Allerdings war ich aus einem einfachen Grund nie bei meinen Nachmittagen in Kolkata schlecht gelaunt. Ich liebe diese Stadt.
Kolkata ist bestimmt zwei bis drei Grad wärmer als die Umgebung der Stadt, wodurch man durchgehend schweißgebadet ist. Und man lernt diesen Zustand lieben. Diese Feuchte Hitze ist der Grund für den unverwechselbaren Geruch nach Meer, Tieren, dem ständigen Lebenswillen von Mensch und Natur. Nach muffigen, alten, verrosteten Maschinen, Müll, Tempeln, Basaren, und nach Tee Shops. In einem guten Buch ist ein ähnlicher Geruch als "der übelste Wohlgeruch der Welt" bezeichnet worden und ich finde, dass passt ganz wunderbar.
Mit der Luft und dem Geruch atmet man gleichzeitig Wasser, Abgase und Staub. Um sich darüber zu beschweren würde niemandem einfallen, denn der wilde Tanz von Bussen, Lastwagen, den Ambassadors, Motorrikschas und Motorrädern hat kein Ende und ist unglaublich aufregend, wenn man daran teilnimmt. Es kommt selten vor, dass man ein Vehikel zu Gesicht bekommt, das dem deutschen TÜV die Stirn bieten könnte und das stimmt mit dem Zustand der meisten Gebäude überein. Auch hier hat bestimmt alles mal für eine Woche frisch ausgesehen. Doch das hätte aber dem Image und dem Charme dieser ehemaligen Piratenstadt geschadet.
Wer mich kennt, der weiß, ich liebe das geordnete Chaos. Betrachtet man Kolkata objektiv, sieht man nur pures Chaos, nimmt man aber am Chaos teil, dann wird eine Ordnung erkennbar. Ich liebe diese Stadt.

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